Pressmitteilung vom 04.05.2023

Residenzkultur in den Thüringer Städten

Vom 26. bis 29. Mai 2023 heißt es zu den Thüringer Schlössertagen „Aufgespürt! Fürstliche Jagdlust und höfisches Vergnügen“. Dabei wird der Fokus auf die unterhaltenden, aber auch kostspieligen höfischen Freizeitvergnügen gerichtet. Neben sehenswerten Sonderausstellungen finden klassische Konzerte statt.

Thüringen umfasst mehr als 400 mittelalterliche Burgen, Burgruinen und Schlösser. Sie thronen auf Hügeln, überragen Städte oder sind majestätisch in anmutige Täler eingebettet. Der immense Reichtum und vor allem die räumliche Dichte an Residenzstädten ist weltweit unübertroffen. Damals wie heute sind sie wichtige Hotspots für Kultur, Kunst und Architektur.

Zu verdanken ist diese außergewöhnliche Dichte an Residenzen den Fürstentümern der Frühen Neuzeit: Über vier Jahrhunderte wurde das Land von Dynastien beherrscht: den Ernestinern, den Schwarzburgern und den Fürsten von Reuß. Hinzu kamen exterritorial regierte Gebiete des Kurfürstentums Mainz sowie der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Die kulturellen Schätze, die jene Zeit hervorbrachte, warten förmlich darauf, von BesucherInnen entdeckt zu werden. Eine wunderbare Gelegenheit bietet sich zu Pfingsten:

 

Der Hochadel und die Jagd – Thüringer Schlössertage 2023

„Aufgespürt! Fürstliche Jagdlust und höfisches Vergnügen“, so das Motto der diesjährigen Thüringer Schlössertage, die vom 26. bis 29. Mai 2023 stattfinden. Mit diesem Thema soll das illustre Freizeitvergnügen der Thüringer Fürsten einmal genauer unter die Lupe genommen werden: Was machte ein Fürst nach Feierabend? Gab es überhaupt so etwas wie Freizeit? Fest steht, dass Fürsten öffentliche Personen und daher nie dienstfrei waren. Gleichwohl gab es Aktivitäten, die der Zerstreuung und dem Vergnügen dienten. Auch die mit teils großem Aufwand ausgerichteten Jagden wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein dem Bereich der höfischen Feste zugeordnet. Die Jagd galt als bedeutendes Statussymbol, sie gehörte neben Fechten und Tanzen zur Ausbildung eines Adligen. „Auf die Pirsch“ ging es eher selten, viel öfter wurden Treibjagden oder eingestellte Jagden, bei denen das Wild in gesonderte Jagdgehege getrieben wurde. Eigens errichtete

Jagdschlösser und Jagdanlagen zeugen bis heute von der hohen Wertschätzung für dieses Freizeitvergnügen. Zudem veranstaltete man opulente Jagdfeste, wobei die Jagden eigens musikalisch umrahmt wurden.

 

Meister der Musik – Konzertantes zu den Schlössertagen

Die Stiftung Südthüringisches Kammerorchester gastiert mit der Konzertreihe „Die landgräfliche Jagd“ an vier thüringischen Residenzen, darunter auf Schloss Friedenstein in Gotha (27.05., 18 Uhr), auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt (28.05., 16 Uhr) sowie im Residenzschloss Sondershausen (29.05., 16 Uhr). Angefangen mit der „Morgenstimmung“ von Edvard Grieg über die „Jagdsinfonie“ von Leopold Mozart bis hin zur „Tafelmusik“ von Georg Philipp Telemann wird in diesem kurzweiligen Konzertprogramm ein typischer Jagdtag auf musikalische Weise dargeboten. Der Vorverkauf erfolgt über die Homepage der SKO (www.stiftung-sko.de) sowie direkt an der jeweiligen Museumskasse.

Außerdem finden in Kooperation mit der Schatzkammer Thüringen drei „Thüringer Schlosskonzerte 2023“ am Pfingstwochenende statt: Am Freitag tritt das Trio Triton im Festsaal des Residenzschlosses Heidecksburg Rudolstadt mit Trios von Beethoven, Ravel und Mendelssohn auf (26.05., 18 Uhr). Am Samstag gastiert das Ensemble La Caccia – mit Werken von Vivaldi, Mozart und Schumann – im Festsaal des Alten Schlosses der Dornburger Schlösser bei Jena (27.05., 17 Uhr). Den Abschluss bilden am Pfingstsonntag das Duo um Claudia Schwarze (Cello) und Yuliya Peters (Klavier) gemeinsam mit dem Trio Magos und Werken von Chopin im Blauen Saal des Residenzschlosses Sondershausen (28.05., 11 Uhr). Für diese Konzerte erfolgt der Vorverkauf über die Homepage des Vereins „Thüringer Schlosskonzerte e. V.“ (www.thueringer-schlosskonzerte.de) bzw. an der Abendkasse.

 

Ausstellungen und Rundgänge – Von Altenburg bis Sondershausen

Sonderausstellungen rund um die Themen Jagd, Wald und höfische Feste, mit thematischen Führungen und unterhaltsamen Veranstaltungen runden dieses besondere Wochenende im Zeichen fürstlicher Amüsements ab.

Ganz im Sinne des diesjährigen Mottos der Schlössertage zeigt das Schloss- und Spielkartenmuseum im Residenzschloss Altenburg eine Ausstellung mit dem Titel: "Zum Fressen gern" – Fotografien zum Thema Jagd (27.05. bis 24.09.23). Mit eindrucksvollen Bildern bringen die Fotografen Köpcke und Weinhold Metaphern aus dem Tierreich zur Sprache. Sie haben großformatige Stillleben geschaffen, die einzelne Objekte herausheben und uns so auf eine besondere Art und Weise näherbringen. Im Rahmen der Schlössertage finden außerdem während des gesamten Pfingstwochenendes täglich Rundgänge durch Festsäle und Schlosskirche statt, darunter ein erzählender Rundgang mit Dr. Benjamin Spira mit dem Titel „Von Damen und Damwild – herzogliche Jagdabenteuer“. – Das Altenburger Schloss ist ein vielgestaltiges Bauensemble mit einer fast tausendjährigen Geschichte. Im Jubiläumsjahr 2023 feiert das Residenzschloss 100 Jahre Museumsgeschichte. Grund genug, dieses Ereignis mit einer Sonderausstellung zu bedenken. In Kooperation mit der Spielkartengesellschaft „Bube, Dame, König”, die ihre wertvollsten Sammlerstücke parallel dazu zeigen wird, ist eine besondere Exposition zu erwarten: Die Jahressonderausstellung „ALLES IN EINER HAND" (ab 21.05.).

Das Schlossmuseum Arnstadt startet ebenfalls mit einer vielversprechenden Sonderausstellung ins Pfingstwochenende: „Wald: Lebensraum, Ressource, Inspiration“ (26.05., 19 Uhr). In der Frühen Neuzeit befanden sich die Wälder in Privatbesitz von Territorialherren mit unterschiedlichen Nutzungsansprüchen. Während für die Bevölkerung Wälder als Gemeindegut und wichtiger Brennstoff-, Nahrungs- und Rohstofflieferant galten, waren sie für die Landesherren eine bedeutende Ressource und Einnahmequelle. Das Schlossmuseum Arnstadt verfügt über Bestände der Bildenden Kunst, Glas, Porzellan und Fayencen, die sich mit dem Thema Wald als Wirtschafts- und Materialressource, als Arbeits- und Erholungsort, als Lebensraum und Inspirationsquelle beschäftigen und die in ihrer Unterschiedlichkeit zum Thema Wald zum ersten Mal gemeinsam gezeigt werden.

Das Schloss Friedenstein in Gotha ist stolze 100 mal 140 Meter groß und wird wegen seiner historischen Gemächer und vielfältigen Sammlungen gern als „Universum Friedenstein“ oder auch als „Louvre Deutschlands“ bezeichnet. Anlässlich der Schlössertage 2023 findet auch hier ein spannungsgeladenes Sonderprogramm statt. So heißt es am Pfingstsamstag (27.05., 10–15 Uhr) „Pro & contra Jagd“. Im lockeren Diskurs soll diesen und weiteren Fragen nachgegangen werden: Stört oder sichert die Jagd – das gezielte Töten von Tieren – das Ökosystem Wald? Was würde passieren, wenn sich einzelne Wildtiere unkontrolliert vermehren? Was, wenn sich der Mensch zurückziehen würde? Anhand von Objekten aus der herzoglichen Sammlung können große und kleine Schlossbesucher ins lockere Gespräch mit Experten kommen. Am Pfingstmontag gibt es zudem eine Präsentation mit Ulrike Eydinger: „Von Jägern und Sammlern – Graphische Jagddarstellungen im herzoglichen Kupferstichkabinett“ (29.05., 14 & 15 Uhr).

Ein Juwel thüringischer Kulturgeschichte stellt die ab 1682 entstandene Dreiflügelanlage des Schlosses Elisabethenburg in Meiningen dar. Das Residenzschloss war zentrale Wohn- und Repräsentationsstätte der herzoglichen Familie von Sachsen-Meiningen sowie geistiger Mittelpunkt eines bedeutenden Musenhofes zwischen Weimar und Bayreuth. Im Rahmen der Thüringer Schlössertage ist Pfingstsonntag der Familientag in den Meininger Museen. Eine der angebotenen Schlossführungen lautet „Jagdfieber!“- unterhaltsame Meininger Jagdgeschichten mit Dr. Maren Goltz (28.05., 15 Uhr). Im Anschluss tönt es „Junge Musiker blasen zur Jagd“ in Kooperation mit der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar.

In Rudolstadt ist es die Heidecksburg, die majestätisch über der Stadt thront und als eines der bedeutendsten Barockschlösser Deutschlands gilt. Das gut erhaltene Residenzschloss ist als Kulisse für Film- und Fernsehproduktionen äußerst begehrt. Das Thüringer Landesmuseum Schloss Heidecksburg Rudolstadt lädt am Pfingstsamstag zu einer Sonderführung ein: „Jagderlebnisse in Porzellan“ (27.05., 14 Uhr). Vorgestellt wird besonderer Jagdtafelschmuck, der einst für Fürst Günther Viktor zum 60. Geburtstag von Otto Thiem angefertigt wurde.

Das Schlossmuseum Sondershausen widmet dem diesjährigen Thema der Schlössertage eine Sonderausstellung: „Die Kunst der Jagd in der Kunst“ (07.05. bis 27.08.). Johann Friedrich Böhler war ein bedeutender Thüringer Bildschnitzer, Bildhauer und Zeichner. In den Schlossmuseen Sondershausen und Arnstadt haben sich über 70 kleinplastische Arbeiten aus Holz und Ton sowie 30 Zeichnungen erhalten. Die Sonderausstellung veranschaulicht die fürstliche Jagd als ein bestimmendes Thema höfischen Lebens. Neben den Arbeiten Böhlers werden jagdbegeisterte Fürsten, die verschiedenen Arten der adeligen Jagd auf dem Schwarzburg-Sondershäuser Territorium, die rechtlichen Grundlagen sowie die architektonischen Ausformungen der fürstlichen Jagdleidenschaft behandelt.

 

Mächtige Festung, liebliches Schlösslein: Erfurt und Bad Langensalza

In Erfurt thront die mächtige Zitadelle Petersberg über der Stadt – ursprünglich kurmainzische, später preußische Stadtfestung. Die Dauerausstellung „Der Petersberg – eine spannende Zeitreise“ im Kommandantenhaus ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Auf zwei Etagen laden multimediale Angebote wie eindrucksvolle Videoinstallationen und Modelle dazu ein, in die wechselvolle, über tausendjährige Geschichte des Petersbergs vom Benediktinerkloster zur Festung einzutauchen. Das interaktive „Festungsbauspiel“ erlaubt Jung und Alt in der Zeit zurückzureisen. Außerhalb des Kommandantenhauses lässt sich das übrige weitläufige Festungsgelände mithilfe der eigens entwickelten Petersberg-App erkunden. Am 1. Juli 2023 wird groß gefeiert: Das Petersbergfest lockt mit einem ganztägigen Veranstaltungsprogramm für kleine und große Besucher. Der Eintritt zum Fest ist frei.

„Paradiesgärten – Gartenparadiese“ heißt die aktuelle Ausstellung der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, die in der ehemaligen Klosterkirche St. Peter und Paul – eine der bedeutendsten romanischen Kirchenbauten Thüringens – zu sehen ist (06.04. bis 01.11.). Sie zeigt die phantasiereichen Vorstellungen vom Paradies, die sich in der Gestaltung von Gärten als Paradiese auf Erden widerspiegeln, beleuchtet die mittelalterliche Gartenkultur und präsentiert die Entwicklung der höfischen Gartenkunst in Thüringen.

Ein wahres Kleinod unter den Herrscherhäusern Thüringens ist das Friederikenschlösschen mit Orangerie in Bad Langensalza. Es ist ein barockes Sommerschlösschen mit idyllischem Park und Nebengebäuden. Der Name des Schlösschens geht zurück auf die Herzoginwitwe Friederike von Sachsen-Weißenfels. Sie lebte von 1746 bis zu ihrem Tode in Langensalza und ließ dieses Schlösschen mit den zwei benachbarten Kavaliershäuschen als Sommerresidenz errichten. Der heutige Schlösschenpark wurde auf Grundlage historischer Pläne in seiner barocken Grundstruktur von 1751 rekonstruiert. Im ehemaligen Wagen- und Stallhaus an der Nordseite des Gartens befindet sich die historische Schaudruckerei der Stadt Bad Langensalza. Im hinteren Teil des Gartens ist ein historischer Gartenpavillon erhalten. Dort sprudelt aus einem Bronzebecken Schwefelwasser, das seit 1812 in der Kurstadt als Heilwasser verwendet wird. Unweit entfernt ist das Schloss Dryburg das älteste erhaltene, komplett aus Stein gemauerte Profangebäude der Stadt. Von der mittelalterlichen Kernburg ist noch der Westflügel erhalten. Er beherbergt heute unter anderem die Galerie des Kunstwestthüringer e. V. mit Ausstellungen national und international bekannter Künstler.

 

Das Land der Residenzen als Kulturerbe

Nirgendwo in Deutschland liegen prunkvolle Residenzschlösser so dicht beieinander wie in der Schatzkammer Thüringen. Sie sind das sichtbare Erbe der „Kleinstaaterei“ – zahlreicher Fürstentümer, die hier einst bestanden. Zur jeweiligen Hauptresidenz gesellten sich eine Fülle von Neben- und Sommerresidenzen, Lust- und Jagdschlössern sowie Witwensitzen. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert entwickelte sich ein ganzes Netzwerk an Residenzen und Nebenresidenzen, welches heute die Vielfalt der Thüringer Schlösserlandschaft ausmacht. Diese Dichte auf engstem Raum ist weltweit einzigartig und könnte dazu führen, dass die Kulturlandschaft der Thüringer Residenzen in einigen Jahren sogar Teil des UNESCO-Weltkulturerbes wird. In den vergangenen Monaten erarbeitete die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten im Auftrag des Landes sowie in enger Abstimmung mit dem Thüringer Landeskonservator den Antrag für die Aufnahme in die deutsche Vorschlagsliste. Im Mittelpunkt des Antrags stehen neun Residenzschlösser verschiedener Dynastien in acht Residenzstädten, die bis 1918 teilweise jahrhundertelang als Regierungssitze genutzt wurden, darunter das Schloss Heidecksburg in Rudolstadt (Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt), Schloss Sondershausen (Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen), das Residenzschloss Weimar (Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach), das Residenzschloss Altenburg (Herzöge von Sachsen-Altenburg), das Schloss Friedenstein in Gotha (Herzöge von Sachsen-Gotha) sowie das Schloss Elisabethenburg in Meiningen (Herzöge von Sachsen-Meiningen). Ab 2025 wird Deutschland dem Welterbe-Komitee in Paris jedes Jahr einen Vorschlag aus der Tentativliste vorlegen. Ob die Thüringer Residenzenlandschaft am Ende des Prozesses mit der Auszeichnung „UNESCO-Weltkulturerbe“ geadelt wird – darüber entscheiden Experten des Komitees.

 

M. Glahn

Schloss Friedenstein Gotha
Schloss Friedenstein Gotha

© J. Hauspurg

Residenzschloss Altenburg
Residenzschloss Altenburg

M. Glahn

Altenburg Residenzschloss Festsaal
Altenburg Residenzschloss Festsaal

M. Glahn

Schloss Molsdorf Erfurt
Schloss Molsdorf Erfurt

©M. Glahn

Festsaal Heidecksburg Rudolstadt
Festsaal Heidecksburg Rudolstadt